Neues vom Gesetzgeber II: Die Auswirkung der COVID-19-Gesetze auf das Strafrecht

Gastkommentar von: Alois Birklbauer - Es wäre bequem, die Auswirkungen der COVID-19-Gesetze im Bereich des Strafrechts in dieser Ausgabe des JSt nicht darzustellen, weil die Neuerungen nur zeitlich begrenzt gelten und sie das Resultat einer Ausnahmesituation sind, die hoffentlich so schnell nicht wiederkommt. Doch durch eine unterlassene Darstellung geriete in den Hintergrund, dass manchen strafprozessualen Änderungen die Befristung fehlt. Darüber hinaus zeigt sich zum Teil in der Umsetzung der VO-Ermächtigungen ein Geist, der für die Zukunft hellhörig machen sollte. Der folgende Beitrag greift ein paar Aspekte der COVID-19-Änderungen im strafrechtlichen Bereich heraus und nimmt dazu kritisch Stellung. Vorweg soll hervorgehoben werden, dass mit diesem Beitrag keine generelle Kritik am Gesetzgeber oder an der Regierung bei der Schaffung dieser Normen geübt werden soll, weil die Herausforderungen im Rahmen der COVlD-19-Krise groß waren (und noch sind) und Fehler passieren können. Es ist der Umgang mit diesen Fehlern, nämlich erkannte Überschreitungen von (verfassungs-)rechtlichen Grenzen nicht korrigieren zu wollen, selbst als der Zeitdruck nachgelassen hatte, der eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig und auch als problematisch zu bewerten ist. Dass unter dem gleichsamen Motto „besondere Zeiten verlangen besondere Maßnahmen“ grundlegende Prinzipien des Strafrechts einfach ausgehöhlt werden können, wenn nur die Narrative „Krise“ und „nationaler Schulterschluss“ in nahezu täglichen Pressekonferenzen ausreichend strapaziert werden, muss uns eine Warnung für die Zukunft sein.

Journal für Strafrecht
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Aus: Journal für Strafrecht 7, 197—203 (2020) https://doi.org/10.33196/jst202003019701 JSt 2020, 197 (Verlag Österreich 2020)