Ist das KuKuSpoSi-Gesetz verfassungswidrig?

Von: Bernhard Fink - Während der COVID-19-Pandemie hat der Gesetzgeber versucht, mit neuen Gesetzen auf die besondere Situation zu reagieren und neuen Problemen entgegenzuwirken. Eines der neuen Gesetze ist jenes zur „Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“.

Im Zentrum des Gesetzes steht eine Regelung, die Veranstalter von ihrer Pflicht befreit, dem Kunden den Kaufpreis für Veranstaltungstickets zur Gänze zurückzuerstatten, wenn die Veranstaltung nicht stattfindet. Kauft jemand eine Eintrittskarte für eine solche Veranstaltung und wird diese aufgrund von COVID-19 in der Folge abgesagt, ist der Veranstalter nun nicht mehr dazu verpflichtet, dem Käufer den vollen Kaufpreis für die Tickets zurückzuerstatten, sondern kann stattdessen Gutscheine über diesen Betrag ausstellen. Bei einem Kaufpreis bis zu 70 Euro kann der Veranstalter einen Gutschein über den ganzen Betrag ausstellen; der Konsument kann dann keinen Geldersatz fordern. Bei einem höheren Kaufpreis erhält der Kunde nur den über 70 Euro hinausgehenden Betrag zurück, 70 Euro gibt es wiederum nur als Gutschein. Damit sollten Betreiber von Kunst-, Kultur- und Sportveranstaltungen vor finanzieller Notlage geschützt werden. Doch das geschieht zum Nachteil der Konsumenten.

Gutschein statt Geld - bei Insolvenz ein Problem

Jetzt könnte man als Kunde und passionierter Konzertbesucher denken: „Ob man einen Gutschein oder das Geld zurückbekommt, spielt keine Rolle. Es ist eh der gleiche Betrag. Man wird schon wieder einmal Tickets kaufen und dann den Gutschein einlösen.“ Die Problematik wird aber deutlich, wenn der Veranstalter insolvent wird – was in einer solchen Krise gar nicht unwahrscheinlich ist. In einer Insolvenz hat der Konsument mit dem Gutschein nämlich keinen Anspruch auf die volle Rückerstattung des Ticket-Kaufpreises. Er erhält wie andere Gläubiger nur eine ganz geringe Quote – wenn überhaupt. Das Insolvenzrisiko wird sohin vom Unternehmer auf den Konsumenten überwälzt.

Eine solche Regelung könnte verfassungswidrig sein. Sehr problematisch ist die Rückwirkung auf bereits entstandene Ansprüche. Sie ist auch mit Grundrechten von Konsumenten, genauer gesagt, der Eigentumsgarantie und dem Gleichheitsgrundsatz schwerlich in Einklang zu bringen.  Auch fehlt eine sachliche Rechtfertigung für eine derartige Regelung, denn das Gesetz ist gegenüber den Konsumenten unfair. Es ist nicht einzusehen, warum Konsumenten auf diese Weise alleine das Insolvenzrisiko des Veranstalters tragen sollen.

Konsumenten werden im österreichischen Recht an sich besonders geschützt. Sie sind überdies von einer Krise typischerweise am stärksten betroffen. Statt mehr an Schutz für die Konsumenten zu bieten, schränkt das KuKuSpoSi-Gesetz die Rechte der Konsumenten noch weiter ein. Man darf gespannt sein, ob sich auch der Verfassungsgerichtshof mit dieser Sache befassen wird.

Besonders problematisch ist außerdem eine spezielle Praktik seitens der Veranstalter. Sie gehen bei mehrtägigen Veranstaltungen – beispielsweise bei einem Musikfestival – dazu über, die Tage aufzusplitten und für jeden einzelnen Tag einen Gutschein von 70 Euro auszustellen. Damit erhält der Konsument für einen Festivalpass für drei Tage um 200 Euro gar kein Geld rückerstattet, sondern nur einen Gutschein über diesen Betrag. Diese Praxis beschäftigt bereits die Gerichte.

Initiative als „Watchdog“

Die „Initiative für Grund- und Freiheitsrechte“ besteht aus Juristinnen und Juristen und anderen Personen des öffentlichen Lebens in Kärnten. Sie will die allgemeine Wachsamkeit in Bezug auf Grund- und Freiheitsrechte aufrechterhalten und in diesem Zusammenhang eine möglichst breite Debatte zu unterschiedlichen Themen anregen.

Die parteiunabhängige Plattform versteht sich jedenfalls nicht als Interessenvertretung irgendeiner Gruppierung. Sie ist auch keine Institution, die Einzelpersonen oder Gruppen für Rechtsberatung zur Verfügung steht. Die Initiative will vielmehr langfristig als „Watchdog“ tätig sein und über den Weg der Kommunikation zu einer breiten inhaltlichen Auseinandersetzung mit den relevanten Themen beitragen. Die Gruppe besteht aus folgenden Personen: Gerhard Baumgartner, Bernhard Fink, Mathis Fister, Felix Fuchs, Peter Haas, Ferdinand Hafner, Manfred Herrnhofer, Akiko Kropfitsch, Christian Liebhauser-Karl, Gernot Murko, Christof Pollak, Sabine Roßmann sowie Franz Tomažič. Die Genannten agieren im Rahmen der Initiative als Privatpersonen und ehrenamtlich.