Eingeschränkter Kirchenbesuch in Corona-Zeiten – Die gesetzliche Grundlage fehlt

Von: Manfred Herrnhofer - Jede Person hat in Österreich das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Gedanken-, Gewissens-, und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht oder das Praktizieren von Bräuchen und Riten zu bekennen. -

Foto: Tomažič
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Die 16 gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften haben in Österreich weitgehende Rechte – Gesetz, das Einschränkungen legitimiert, existiert nicht – Verordnungen alleine reichen nicht.

Insgesamt 16 Religionsgemeinschaften sind in Österreich gesetzlich anerkannt. Diesen Kirchen und Religionsgesellschaften werden vom Staat das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung und der selbstständigen Ordnung und Verwaltung ihrer inneren Angelegenheiten und verschiedene weitere Rechte eingeräumt. Durch die gesetzliche Anerkennung erlangen diese die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und die privatrechtliche Rechtsfähigkeit. Solche Körperschaften nehmen Aufgaben öffentlichen Interesses wahr. Damit sind neben religiösen auch soziale, gesellschaftliche und kulturpolitische Aufgaben gemeint, die dem Gemeinwohl dienen. Nach Ansicht des Gerichtshofs für Menschenrechte stellt die Religionsfreiheit eine der Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft dar.

Parlamentsentscheidung notwendig

Seit 16.März ist dieses Grundrecht massiv eingeschränkt: Ein Besuch einer Einrichtung von Kirchen und Religionsgemeinschaften, wie die Abhaltung von öffentlich zugänglichen Gottesdiensten wurde untersagt. Begründet wurde dies mit der Ansteckungsgefahr mit dem COVID-19 Virus, somit einer notwendigen Maßnahme im Sinne der Gesundheit. Für eine solche Einschränkung sieht unsere Verfassung bewusst enge Grenzen vor:  Einschränkungen müssen durch ein Gesetz, oder anders formuliert durch eine Mehrheitsentscheidung im Parlament angeordnet werden, sie müssen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein.

Ein Gesetz, das die zitierten Einschränkungen legitimieren würde existiert nicht, ein solches hat es nie gegeben. Die Einschränkung von Grundrechten durch Verordnung ist nicht verfassungskonform.

War es wirklich notwendig in Zeiten der Krise die Gotteshäuser zu sperren, oder wäre der Besuch der Kirche – alleine zum Gebet, mit Abstandsregelung – der (psychischen) Gesundheit der Bevölkerung nicht zuträglicher gewesen? Muss ich – angesichts der aktuellen Bedrohungslage - wirklich auf die Teilnahme an einem Begräbnis eines Freundes aus Rücksicht auf die Teilnahmemöglichkeit der Angehörigen verzichten, um nicht die - bloß verordnete - Grenze von 30 Personen zu überschreiten? Soll bei der kirchlichen Hochzeit oder der Taufe – unbestrittene Akte der Religionsausübung –  tatsächlich ein Ausschluss von Verwandten und Freunden bis auf zehn Personen verordnet werden?

Verfassungsrechtlich saubere Lösung suchen

Für all diese Einschränkungen existiert jedenfalls keine rechtliche Grundlage, die man in einem Rechtsstaat wie Österreich eigentlich erwarten darf. Der Gesetzgeber ist daher dringend aufgefordert, eine verfassungsrechtlich saubere Lösung vorzulegen. Die Mitglieder aller Religionsgemeinschaften dürfen sich das von der Republik erwarten.